Nachdem ich Monate- ja jahrelang am Abschluss meines Studiums
gearbeitet hatte – in selbstauferlegtem Eremitinnendasein – weil mich die Stimmen so in Ruhe gelassen haben und ich mich auf Theorien, Konzepte und geschichtliche Fakten und Narrative konzentrieren konnte –begab ich mich nach dem Abschluss meines Studiums wieder ins Leben draußen.
Und ich wurde nicht so nett empfangen, wie ich mir das vorgestellt hatte, vor allem musste ich mich auch den Stimmen wieder stellen.
Als erstes hörte ich die Stimme meiner Schwägerin in meinem Kopf: „Verbrecherin“ säuseln
und wollte mich schon wieder gekränkt trotzig einigeln, weil ich mir dachte da will mir meine Schwägerin ja ein falsches Kreuz anhängen. (Vom Kreuz—Verleihen fühle ich mich verfolgt seit ich in einer fundamentalistischen Kirchengruppe war) Aber eingedenk früherer Abläufe, versuchte ich erst gar nicht der Stimme gegenüber diesen Vorwurf als absurd und haltlos hinzustellen, sondern erinnerte mich daran dass es besser ist, diesen Angriff zu minimieren, indem ich mich zu einer ganz winzigen Verbrecherin mache.
Und so ging es weiter: Statt Jubel und Applaus erntete ich Vorwürfe und Angriffe durch Stimmen in meinem Kopf und leere Räume, dort wo ich Freundinnen vermutete. Vor allem sollte ich zum Gehorsam gezwungen werden, Ich solle nicht lesen – vor allem keine englischen Bücher und ich sollte beten. Ich erinnerte mich auch noch daran, dass ich diesen Stimmen /Menschen versprochen hatte, nach Abschluss meines Studiums ein Jahr für sie da zu sein. Mit diesem Versprechen habe ich mich offensichtlich übernommen. Das konnte ich nicht einhalten. Ich versuchte eine Psychotherapie zu bekommen, machte Telefonanrufe und bekam einen Termin. Die Psychologin meinte allerdings, sie brauche einen Verordnungsschein für die Krankenkasse, also suchte ich eine – neue – Psychiaterin auf, die mir - gleich die Diagnose: Schizophrenie a Verd. verpasste.
Auf Rückfrage meinte die Psychiaterin Stimmenhören gehört zum Formenkreis der Schizophrenie und sie hätte ja eh nur Schizophrenie auf Verdacht geschrieben. Also wieder: wumm Scherb’m auf. Mit meinen Protesten erreichte ich immerhin, dass ich eine Testung bei einer Psychologin verordnet bekam. Diese hat mich dann einigen standardisierten Tests unterzogen um letztendlich keine eindeutige Diagnose zu stellen. Ich darf nun weiterhin PsychiaterInnen aufsuchen und in Anspruch nehmen, was auch nicht so viel hilft, denn sie bekommen nur für 10 Minuten von der Krankenkasse bezahlt. Also keine Psychotherapie mit deren Hilfe ich die Reste meines Ichs zurückerobern kann. Ich muss mich allein der Welt stellen.
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